Reiseberichte Eritrea 28.12.2016 – 09.01.2017

1. Reutlinger Genaralanzeiger vom 11.02.2017

2. Tübinger Tagblatt vom 13. Februar 2017


3. Persönlicher Reisebericht von Johannes Schockenhoff, "Aktion Arme Welt Stiftung"
Über die „Aktion Arme Welt“, kurz AAW, unsere 1982 aus der Tübinger KHG hervorgegangene Dritte-Welt-Gruppe aus Tübinger Studentenzeiten, unterstützen wir schon lange Projekte in Eritrea. Initiiert wurden die ersten Projekte durch Andi, einen eritreischen Studenten in Tübingen, den Dorothea Graf von unserer AAW in den 90er Jahren kennenlernte. 1996 entstand aus diesen Projekten die „Aktion Eine Welt“ (AEW).  Als Doro und ihr Mann Horst (der heute Vorsitzender der AEW ist) Ghiorghis Haile kennenlernten, damals als Flüchtling in Baden-Württemberg gelandet, gab das unseren Projekten wieder einen neuen Schub. Ghiorghis kämpfte im eritreischen Freiheitskampf gegen die Äthiopier, musste später aber aus Eritrea fliehen. Als Asylbewerber in Stuttgart  lernte er durch glückliche Fügung Doro und Horst kennen. Heute lebt er mit seiner Frau Froeni, die auch aus Keren stammt, in Tübingen und ist für unsere Projekte zu einer unverzichtbaren Kontaktstelle geworden.
Zu unserer Reisegruppe zählten als erfahrene Eritrea-Reisende neben Ghiorghis, Froeni, Doro und Horst noch Martina und Steffen aus Tübingen, ebenfalls Mitglieder der AEW. Zum zweitenmal mit auf einer Eritrea-Reise waren Heidi und Jürgen Wacker aus Bad Urach. Ihr ehemaliger Gemeindepfarrer Gebhard Lutz engagiert sich seit vielen Jahrzehnten auch für Eritrea und hat sowohl in Bad Urach als auch an seinem jetzigen Ruhestandsort Aalen-Wasseralfingen Unterstützerkreise aufgebaut. Zwei ihrer Mitglieder – Frank Gsodam und Patriz Ilg – komplettierten zusammen mit Regina und mir unsere Reisegruppe. Pfarrer Lutz ist im übrigen ein guter Freund von Padre Pedro Mettenleiter gewesen, über den wir seit vielen Jahren eng mit Guatemala verbunden sind. Die Weltkirche im Allgemeinen und die Rottenburger Priester im Dienste der Weltkirche im Besonderen sind eben doch eine kleine verschworene Gemeinschaft!
Für unsere Reise benötigen wir neben dem offiziellen Einreisevisum für jeden Ort, den wir besuchen wollen, eine zusätzliche Genehmigung. Der „positive“ Nebeneffekt: in keinem anderen Entwicklungsland habe ich mich bislang so sicher gefühlt wie in Eritrea. Es gibt praktisch keine Kriminalität, zumindest keine offensichtliche. Am ersten Tag bin ich alleine auf den Recyclingmarkt von Asmara gegangen. Mein Schweizer Freund Herbert, der als Eisenbahnfan schon dreimal in Eritrea war, hat mir aufgetragen, seinen eritreischen Bekannten Mesqel zu besuchen, der im Recyclingmarkt Medeber arbeitet. Dieser Recyclingmarkt ist ein Spiegelbild Eritreas - auf 10 Fußballfeldern! Überall geschäftiges Treiben, aus Uralt-Schrott werden neue Gebrauchsgegenstände gefertigt. Holzverarbeitung, Plastik, Metall, Werkzeugfabrikation. Unvorstellbar. Daneben werden von den Frauen Chillischoten sortiert und gemahlen. Mir haben die Augen getränt und die Atemwege gebrannt, so scharf war der Geruch. Und die Frauen stehen da den ganzen Tag mittendrin. Wir sind schon ziemlich verweichlicht!

In dem ganzen Getümmel hab ich tatsächlich auch Mesqel (im Bild unten rechts neben mir) getroffen. Stolz hat er mir seine „Werkstatt“ gezeigt, die aber offensichtlich gut läuft, denn in einer verzogenen Schublade lag ein dickes Bündel Nakfa-Scheine, der eritreischen Währung. Der Handel wird hier komplett bar abgewickelt, in ganz Asmara gibt es nicht einen einzigen Geldautomaten!

Asmara selbst ist eine durchaus sehenswerte Stadt. Vor allem die Italiener haben hier zwischen 1890 und 1940 einige für damalige Verhältnisse futuristische Art Deco Häuser und schöne Kirchen gebaut. Dazwischen dann die Lebensmittelmärkte, die sich über mehrere Straßenzüge erstrecken. Hauptverkehrsmittel ist selbst in der Hauptstadt Asmara das Fahrrad oder der Pferdekarren, aber eigentlich sind die Städte hier eine große Fußgängerzone. Die Menschen machen insgesamt einen gelassenen, fröhlichen Eindruck und posieren immer gerne für ein Foto.

Dennoch war Asmara für uns nur eine kurze Zwischenstation, bis wir alle notwendigen Reisegenehmigungen hatten. Diese besorgte Ghiorghis für uns, ohne dessen Beziehungen und Kenntnisse so eine private Reise gar nicht möglich wäre. Zusammen mit seinem Bruder Keflizghi, der in Keren wohnt, waren sie nicht nur unsere verlässlichen Chauffeure, sondern auch Reiseleiter, Übersetzer, Türöffner und Gastgeber. Bei ihnen beiden müssen wir uns ganz herzlich bedanken für eine Reise, die so reich an Eindrücken, Begegnungen, und Erlebnissen war wie selten eine Reise vorher.

Die meisten unserer Projekte in Eritrea werden gemeinsam von der AAW, der AEW und dem Freundeskreis von Pfarrer Lutz unterstützt. Doro bemüht sich auch immer wieder erfolgreich um Drittmittel vom BMWZ oder der Stiftung Entwicklungszusammenarbeit Baden-Württemberg (SEZ). Vor Ort werden unsere Projekte über den katholischen Bischof von Keren, Abba Kidane abgewickelt. Sein Generalvikar Abba Uqbagaber ist mindestens ein so guter Projektmanager wie Priester, und man merkt ihm an, daß er etwas bewegen, etwas verändern möchte. Während die Bewohner von Keren (ca. 50.000) ihren Alltag noch relativ gut organisieren können, leben die Menschen in den Dörfern außerhalb Kerens auf aller bescheidenstem Niveau. Das beginnt schon bei den Straßenverhältnissen, viele Dörfer sind nur zu Fuß erreichbar. Eine Entwicklung, Handel, Austausch von Waren ist da natürlich kaum machbar. Daher haben wir von der Aktion Arme Welt auch schon einmal ein paar tausend Dollar für die Instandsetzung einer Straße bezahlt. Seitdem kann wieder ein Bus in die Dörfer fahren, die Leute kommen einfacher nach Keren und in die anderen Dörfer. Infrastruktur ist auch bei uns die Basis jeder Entwicklung!

Keren liegt ca. 100km nordwestlich der Hauptstadt Asmara. Die Fahrt führt durch eine herrliche, trotz der Trockenheit faszinierende Landschaft. Die Italiener hatten hier kurz vor dem zweiten Weltkrieg eine kühne Eisenbahnstrecke erbaut, die heute noch viele Eisenbahnfans nach Eritrea lockt – so wie Herbert. Die Eisenbahn fährt heute aber nur noch zu touristischen Zwecken, und das auch nur, wenn Kohle für die Dampflokomotive da ist….

   

Der erste Projektbesuch führte uns in die Keren Secondary School, vergleichbar mit unserer Realschule (wobei es nur ein eingliedriges Schulsystem gibt).In Eritrea gehen ca. 50% der Kinder regelmäßig zur Schule, und diese Kinder leben zum überwiegenden Teil in oder nahe den Städten. Dort ist die Schulbildung tatsächlich gut, diese Aufgabe nimmt der Staat zumindest in den Städten wahr. Der Lernstoff ist durchaus ansprechend, und dies deckt sich auch mit meinen Erfahrungen mit eritreischen Asylbewerbern in Bietigheim-Bissingen. Wer primary und secondary school beendet hat, hat ein gutes Lese-, Schreib-, Englisch- und auch Mathematik-Niveau. Diese gute Schulbildung hat aber in Eritrea oft keine Fortsetzung, denn es mangelt leider noch an Ausbildungsplätzen. Denn die gut ausgebildeten Jugendlichen haben auf dem Arbeitsmarkt noch zu wenig Chancen auf adäquate Arbeit. Der Arbeitsmarkt in Keren, so man ihn überhaupt so bezeichnen möchte, bietet in erster Linie handwerkliche Arbeitsstellen an: Automechaniker, Näher, Verkäufer auf den vielen Märkten, Bauarbeiter. Die Absolventen der Secondary School träumen dagegen eher von Berufen mit höherer Qualifikation. Mit Hilfe unserer verschiedenen Geldgeberorganisationen konnte die Schule einen PC Raum und eine Bibliothek einrichten. Für eine sichere Stromversorgung sorgt die Solaranlage auf dem Dach. Die öffentliche Stromversorgung ist viel zu unzuverlässig, denn was nützen tolle PC’s, wenn während der Unterrichtszeiten immer wieder der Strom ausfällt? Aber unsere Hilfe kommt nicht nur dem Lernen zugute. Auch ein Toilettenhäuschen wurde gebaut und 400 Schattenbäume gepflanzt. Bislang mussten die Schüler ihr Geschäft eben irgendwo erledigen, was bei 2400 Schülern dann auch nicht mehr so im Verborgenen geschehen kann. Vor allem die Mädchen sind über die neue Toilettenanlage sehr froh.

 
 

Am nächsten Tag fahren wir nach Megarih, ein Dorf ca. 5 km westlich von Keren. Dort haben wir 2013/2014 einen kleinen Staudamm gebaut, dessen versickerndes Wasser das Grundwasser eines vorhandenen Brunnens sichern soll. Mittels einer Solarpumpe, finanziert von einer italienischen Hilfsorganisation, wird das Wasser in einen Hochbehälter nahe am Dorf gepumpt, wo aus die Familien das Wasser holen können. Seitdem haben die Familien eine verlässliche Wasserversorgung und gehören damit schon zu den privilegierten Dörfern. Denn Wasser, genauer gesagt Trinkwasser ist zum kostbarsten Gut in Eritrea geworden. Am nächsten Tag konnten wir an einem anderen Brunnen selbst mit erleben, wie Jungen und Mädchen eine Stunde Fußmarsch zum Brunnen und zurück gelaufen sind, um zweimal 25 Liter Wasser mit dem Esel zu holen.

   

Der Alltag in Megarih ist aber immer noch beschwerlich genug. Das Getreide wird von Hand gedroschen, und vermutlich wird auch das Feld im Sommer mit dem Pferde-oder Eselpflug bestellt. Die Menschen leben fast autonom, viel Geld verdienen können sie mit ihrer Arbeit eh nicht. Konsum ist hier also ein Fremdwort, und dennoch – oder gerade deshalb? - machen auch sie trotz ihrer bescheidenen Lebensverhältnisse einen insgesamt zufriedenen Eindruck. Von den bildhübschen Frauen waren nicht nur wir Männer fasziniert. Einmal haben wir uns dann aber doch gewundert, dass eine so junge Mutter schon 7 Kinder haben sollte (siehe Foto unten rechts) …. auf Nachfrage war es dann die Kindergärtnerin!

       

In den abgelegenen Dörfern außerhalb Kerens ist es hauptsächlich die „Catholic Eparchy of Keren“, die Schulen und Kindergärten dort aufgebaut hat und manche schon seit Jahrzehnten mit großem Zulauf und Erfolg betreibt. Unser jüngstes Projekt der Aktion Arme Welt, erst im Oktober beschlossen, konnten wir schon fast fertiggestellt begutachten: der Bau eines Kindergartens im Dorf Juffa, ein paar Kilometer südlich von Keren. Der Kindergarten ist als traditioneller Rundbau errichtet, ein sogenannter Tukul. Die Wände sind gemauert, das Dach aus Gras. Im Innern ist es selbst im heißen Sommer angenehm kühl. Die Kinder sind uns natürlich sofort neugierig nachgelaufen und bewunderten mit uns ihren zukünftigen Kindergarten. Gerade während unseres Besuches wurde das Dach des zweiten Tukuls errichtet. Das Gras lagerte schon in der Baumkrone eines großen Affenbrotbaumes nebenan.

       

Der Dorfrat lud uns anschließend zu einem Kaffee, Tee und selbstgebackenem Brot ein. Trotz der Armut wird auch in Eritrea die Gastfreundschaft großgeschrieben, das wenige was man hat wird geteilt. Ganz idyllisch saßen wir alle unter einem großen Baum und ließen uns von den Dorfvertretern und von Abba Uqbagaber berichten, welche Pläne und Hoffnungen sie haben. Neben dem Kindergarten gibt es bereits eine kleine Schule, die jedoch für die zahlreichen Dörfer der Umgebung nicht ausreicht. Aber auch das Wasser ist hier ein großes Problem, ein Brunnen im Dorf ist bereits ausgetrocknet, der verbleibende muss auch noch andere Dörfer versorgen, deren Brunnen ebenfalls ausgetrocknet sind. Die Äthiopier haben während des Unabhängigkeitskrieges in großem Stil die bewaldeten Berghügel abgeholzt, um den Freiheitskämpfern die Unterschlüpfe zu zerstören. Beim heutigen Anblick der kahlen Hänge kann man sich nicht vorstellen, dass diese noch in Ghiorghis Jugend komplett bewaldet und ein lohnendes Jagdrevier waren.

   

Zwischen den Projektbesuchen konnten wir uns bei Einladungen von Gheorgis Bruder Keflizghi (linkes Bild mit seiner Frau) und dem Ingenieur Zerigabir (rechtes Bild) stärken und die traditionelle eritreische Küche kennenlernen. Zerigabir ist beim staatlichen Wasseramt als Projektkoordinator angestellt und hat sowohl mit Abba Uqbagaber als auch mit Keflizghi schon viele Projekte gemeinsam realisiert, auch unsere Staudämme und Brunnen. Ohne gute Kontakte zu staatlichen Stellen könnte man gar keine Entwicklungsprojekte durchführen, und wir sind froh und dankbar über diese gute Zusammenarbeit.

   

Die meisten Projekte der Aktion Arme Welt sind in den letzten Jahren im Dorfverbund Ashera, ca. 25 km südwestlich von Keren durchgeführt worden. Hier leben viele Katholiken, daher gibt es im Hauptort Shaftak auch eine große Kirche. Hier betreibt der Bischof bereits eine Secondery School, nebenan sind Ursulinenschwestern im Kindergarten und einer kleinen Krankenstation. Für diese haben wir letztes Jahr eine Solaranlage finanziert, denn die Stromversorgung hier auf dem Land ist nochmal unzuverlässiger als in Keren. Weitere Projekte hier waren Wasserleitungen und Brunnen sowie die oben erwähnte Straßensanierung. Die vorhandene Schule platzt schon aus allen Nähten, denn die Schülerinnen und Schüler kommen aus der ganzen Umgebung, teilweise über 1 Stunde jeden Morgen und Nachmittag zu Fuß. Im Nachbarort hat der Bischof bereits ein Gelände gekauft und möchte eine zweite Schule bauen. Das Geld hierfür hat er auf seinen Fundraising-Reisen nach Europa schon eingesammelt, aber beginnen kann er noch nicht: es fehlt der Zement. Das Lehrerwohnhaus ist bereits im Bau, denn die Lehrer werden unter der Woche nicht heimgehen können, da sie üblicherweise noch weiter weg wohnen. Es ist ebenfalls ein Tukul, nach Plänen von Horst gebaut, der sich als Bauingenieur hier einbringen konnte.

   

Auch hier war wieder die Freundlichkeit der Menschen und die Gastfreundschaft beeindruckend. Selten habe ich so arme Menschen mit so viel Stolz und so viel Haltung gesehen wie hier. Und einer Schönheit, die insbesondere die Fotographen unter uns in ihren Bann zog. Jetzt konnte ich auch verstehen, wieso mein Freund Herbert auf seinen 3 Reisen insgesamt 12.000 Fotos (!) gemacht hat – und trotz seiner Eisenbahnbegeisterung sind das meiste Personenfotos. Jetzt verstehe ich dies ….

   
   

Die Menschen in und um Keren lassen einen fast vergessen, in welch ärmlichen und vor allem perspektivlosen Verhältnissen sie leben müssen. Wer sich mit den Einschränkungen Einschränkungen in diesem armen Land arrangiert, kann zumindest in einer sehr friedlichen und gelassenen Stadt leben, umgeben von einer wunderschönen Natur und erhabenen Bergen. Ob die Menschen mit ihren Alltagsproblemen dafür einen Blick haben?. Ich jedenfalls könnte stundenlang auf der Dachterrasse des Hotel Keren sitzen und den Sonnenuntergang hinter den bizarren Bergen bewundern.

 

Die (vermeintlich) letzten beiden Tage unserer Reise verbrachten wir in Massawa, der wichtigsten (Hafen-)Stadt Eritreas am Roten Meer. Die Fahrt dorthin ist schon ein Erlebnis, geht es doch von der 2400m hoch gelegenen Hauptstadt Asmara in unzähligen Kehren und Serpentinen bis auf Meereshöhe hinunter. Dabei kreuzt immer wieder die Eisenbahn, die auf diesem Teilstück noch touristisch befahren werden kann. In Massawa fanden 1993 die letzten und entscheidendem Kämpfe im Unabhängigkeitskampf statt. Die Äthiopier verteidigten nicht nur ihren (einzigen) Meerzugang und Haupthafen, sondern auch den Sommerpalast ihres früheren Kaisers Haile Selassie. Letztlich aber vergebens, denn 1993 konnten die Eritreer endlich die Unabhängigkeit proklamieren. Die Stadt war im 15. Jahrhundert eine blühende osmanische Hafenstadt, reich an Palästen und Villen. Diese stehen heute alle noch, aber gezeichnet von der mehrmonatigen Belagerung 1993 und danach nie wieder aufgebaut. Morbider Scharm, wegen der Hitze ausgestorben bis zum Einbruch der Dunkelheit, dann aber erwacht die Stadt zum Leben. Unvergesslich bleibt uns der Abend im Assam Restaurant, dem besten und zugleich heruntergekommensten Fischrestaurant vermutlich in ganz Afrika (nächste Seite zweite Fotoreihe links).

   

Den letzten Tag entspannten wir im Gurussum Hotel am Roten Meer (oben rechts), ehe wir die Rückfahrt nach Asmara antraten. Mein Freund Herbert hatte mir noch eine weitere Begegnung aufgetragen, das Mädchen Hewan, das er auf allen seinen Reisen getroffen hatte. Die Familie wohnt direkt im Dorf Arbaroba an der Bahnlinie Asmara – Massawa, wenn Ihr zurückblättert auf Seite 3 in dem blauen Haus direkt rechts neben der Dampflok. Das war also unschwer zu finden (so groß ist Eritrea auch wieder nicht), und die Freude bei Hewan (mit lila T-Shirt), ihrer Mutter und ihrer Schwester war riesengroß.

   

Der Flughafen
Der Abschluss unserer Reise war dann noch spektakulärer als uns lieb war - rückblickend vielleicht das größte Abenteuer unserer Eritreareise. Vom Flughafen Asmara starten täglich 2 (!) Flüge, einer nach Kairo und einer nach Istanbul. Wir hatten das Pech, auf den nach Istanbul gebucht zu sein, und Umbuchen ist in Asmara so gut wie unmöglich, da das Flughafenpersonal schon mit dem üblichen Einchecken der Koffer völlig überfordert ist. Jedenfalls hatte es in Istanbul seit dem 5. Januar ca. 1 Meter Neuschnee gegeben. So wurde unser Flug kurz vor Abflug – das Flugzeug war noch aus Istanbul angekommen – gecancelt und wir wurden unverrichteter Dinge wieder in die Stadt gebracht. Da wir aber bereits mitsamt Gepäck ausgereist waren, unser Visum aber nur für eine einmalige Einreise galt, wurde unser Pass und das Gepäck kurzerhand im Flughafen deponiert und wir mit Handgepäck und ohne Pass zurück ins Hotel gebracht. Das ist mal eine pragmatische Lösung: unser Pass und unser Gepäck waren ja tatsächlich nur einmal ein- und ausgereist!
Die 2 Tage im Hotel waren im Vergleich zu dem, was uns in Istanbul erwartete, die reinste Erholung. Wir wurden ordentlich verpflegt, konnten nochmals ausgiebig das eritreische Nationalgericht Injera mit Zikni (Ziegenfleischgulasch auf Sauerteigfladen) essen und am Samstag Nachmittag einer eritreischen Hochzeit im Hotelgarten beiwohnen. Sonntagabend hatte unser Flugzeug dann endlich eine Freigabe zur Landung in Istanbul, wo wir aber mit tausenden anderen gestrandeten Flug-reisenden zusammentrafen – einige von ihnen warteten seit 4 Tagen auf einen Weiterflug. Das Chaos war unbeschreiblich, und den Kampf um freie Plätze und neue Bordkarten nach Frankfurt konnte ich nur Dank meiner guten Ausbildung im „aktiven Anstehen“ (über viele Jahre erlernt beim Skifahren) bestehen. Dienstag Mittag konnten wir dann endlich abheben, diesmal klatschen die Passagiere schon beim Start. Unser Gepäck hatten wir bereits auf dem Flug von Asmara nach Istanbul verloren und es dauerte über eine weitere Woche, bis auch dieses in Bietigheim-Bissingen angekommen war.
Diese Odyssee konnte aber unsere Eindrücke und Erlebnisse einer interessanten, gleichermaßen schönen und manchmal auch bedrückenden Reise nicht nehmen. Wir waren eine sehr harmonische Reisegruppe, die selbst die langen Tage der Rückreise mit Humor und Gleichmut überstanden hat. Vielleicht ging es jedem so wie mir: verglichen mit den tagtäglichen Sorgen der Menschen in Eritrea waren unsere Probleme doch shr bescheiden, auch wenn jeder Einzelne von uns seinen Berufsalltag für die kommende Woche per Mail und Telefon schon kräftig umorganisieren musste. Und dann waren da im Hinterkopf immer noch die Anschläge in Istanbul, der letzte erst wenige Tage vor unserer Rückkehr. Da ist man dann geradezu froh, nur wegen des Schnees ein paar Tage Verspätung zu haben.

   

                  Der Flughafen in Asmara macht erst                          Da waren wir noch hoffnungsvoll- 20 Minuten später
                  1 Stunde vor Abflug auf!                                            wurde unser Rückflug gecancelt!